Ich bin also bei diesen Bildern eingezogen
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Seit 2012 beschäftigt sich Elisa Andessner damit, ihren Körper mit verschiedenen Objekten, Architekturen und räumlichen Situationen in Beziehung zu setzen. Das Bild wird immer davon bestimmt, was die Künstlerin vor Ort vorfindet. Je nach Projekt entstehen Fotoarbeiten mit Möbelstücken, Heizrohren, Hausfassaden, Bäumen, Friedhöfen, Autobahnbrücken...
In Graz führt sie diese Serie fort, geht im Sinne der Promenadologie durch die Stadt auf der Suche nach Bildern, in die sie ihren Körper integrieren kann. Es geht um ein Einfügen des Körpers in Vorhandenes, gleichzeitig bleibt dieser Körper aber ein Fremdkörper – eine flüchtige Irritation wird erzeugt und mit Selbstauslöser fotografisch festgehalten. Nie wird das Gesicht der Künstlerin gezeigt, denn es geht nicht um die Person Elisa Andessner, sondern um die Verwendung des Körpers als performatives Werkzeug.
Im Zuge des Projektes „Über Gänge“ entsteht eine Kooperation mit der Theoretikerin Magdalena Anikar, die textlich auf die Fotoarbeiten eingeht. Drei Foto/Text-Arbeiten entstehen, die in der Ausstellung gezeigt werden.
Der Text von Magdalena Anikar ist in drei Teile geteilt, die jeweils auf die Rückseite von drei Fotos gedruckt sind. Die Betrachterin, der Betrachter hat die Möglichkeit, die Bilder auf zwei Ebenen zu lesen: einerseits die bildliche Umsetzung, andererseits die eine textliche Perspektive, die das Bild selbst noch einmal um ein Stück öffnet. Und das deswegen, weil
„ich also bei diesen bildern eingezogen bin
und ich dann das ungeordnete glatte
gegen das gerichtete gerichtet
und doch noch eine antwort auf wichtige fragen
der menschlichen existenz gefunden habe: geh weiter!“
Die Säulen vor dem esc medien kunst labor haben eine glatte Oberfläche, sind statisch für die Tragwirkung berechnet, kurzum sie sind notwendig auf Ordnung bezogen. Der Körper performiert das Gegenteil. Er will sich nicht den gängigen Vorstellungen von Körperdiskursen unterordnen. Der Rock wirft sich in Falten wie ein Zitat auf den Vorhang hinter Glas. Und die Falten folgen nur der Schwerkraft, keiner anderen Norm. Abstrahiert man vom Gegenständlichen im Bild, verifiziert sich die Performanz des Körpers als dissonantes Klanginstrument, als Taktgeber, als An- und Aufzeiger, als Störender, als Pazifist gegen den Krieg der Normen, der alltäglichen und der subtilen. Subtil, weil sie analog zum Flügelschlag des Schmetterlings nichts merken.
Der Übergang von genormter Welt zu weniger Norm, ja sagen wir hinreichende Normen (und das sind ja längst nicht alle, und dummerweise keine Norm zu wollen, ist auch schon wieder so eine Norm) naht in den Bildern von Elisa Andessner den Betrachtenden in performativer Andeutung heran, sobald man ihnen nahetritt, quasi bei ihnen einzieht.
Der Schlussimperativ – geh weiter! – ist nur syntaktisch als ein solcher zu verstehen. Weitergehen versteht sich paradoxerweise als Einladung zum Verweilen im eigenen Gedankenraum, der ist doch so…voller promenadologischer Übergänge: Von einer Stufe zur Nächsten, von einer Norm zu Graffiti, von Schwerkraft zur Freihängerin, von gestern auf heute, von Vorschrift zur künstlerischen Reflexion darüber. Also Kunst, die stört, verhält sich formal analog zu diesem Wort:
Geh weiter!
Dazu wollen Elisa Andessner und Magdalena Anikar einladen.