Kunst!

Eine in Kommunikationstrukturen begründete Kunst versteht sich ? neben operativen und organisatorischen Konsequenzen ? vor allem durch die Offenheit gegenüber ihrer Prozessierung. (Heimo Ranzenbacher) 

Interdisziplinarität/Intermedialität 

De facto ist es so, dass Menschen, die bestimmte künstlerische Felder teilen, bzw. diese Felder schaffen, ähnliche Diskurse teilen. Deswegen können sie Austausch und Interkommunikation auch sehr viel intensiver betreiben, und sehr viel besser adäquate Präsentationen dieses Diskurses zustande bringen. 
Diskurs bedeutet hier die Struktur des Verstehens eines Kunst(um)feldes, oder der speziellen sozialen Bedürfnisse, die wir teilen. Wie üblich, ist der künstlerische Diskurs in weiten Teilen nonverbal, und transferiert in andere Arten von Ausdruck, die verschiedenen Genres, wie Konzert, Ausstellung, Performance und Präsentation. Der Ideenaustausch kommt aber häufig zu kurz. Hier geht es v.a. um die Artikulation von Ideen, die immer ganz am Anfang einer neuen Arbeit stehen. 
Diese Zwischenräume entstehen in einer bestimmten Phase des Arbeitens und lösen sich dann auch wieder auf; sie sind gewissermassen ein tempörar existierendes Wesen.

Die ESC ist Ort des intensiven Austauschs, auf Basis der gerade geschehenden Kommunikation. Diese Zwischenräume sind zugänglich während und gerade nach der künstlerischen Aktion, zu einem Zeitpunkt, wo die Fragen auftauchen. In der ESC soll es sowohl um diese Fragen als auch um konkrete Umsetzungen gehen; der Austausch, das intensive Auseinandersetzen ist gleichwertig und genauso wichtig wie die wirklichen Umsetzungen in real begehbare Räume. 

Deswegen ist es wichtig, dass diese Zwischenräume von realen Personen, von Individuen geschaffen werden, die selber Kunstschaffende sind, also: keine KuratorInnen ? sondern KünstlerInnen.

Der Philosophie der ESC folgend, werden zum einen die jeweils aktuellen Strömungen aufgespürt und gezeigt; gleichzeitig geht es auch um die kontinuierliche Beobachtung und Weiterentwicklungen von bereits existierenden Projekten. Der Intention der ESC entsprechend sollen künstlerische Arbeiten nicht nur über einen kurzen Zeitraum (z.B. Ausstellung) vermittelt werden, sondern über längere Zeitperioden mitverfolgt (produziert) und damit mögliche Veränderungen zugänglich gemacht (re/präsentiert) werden. Neben den physischen Räumlichkeiten der ESC dient dazu auch die von der ESC betriebene Netzwerkarbeit als Plattform zur kontinuierlichen Weiterarbeit an künstlerischen Arbeiten auf Basis von Informationstechnologien. Kunst nur als die Summe der in ihrem Namen hervorgebrachten Werke, oder gar nur einer bestimmten Art von Werken sehen zu wollen und nicht auch als ein Denk-und Handlungssystem bzw. als ein System von Denk-und Handlungssystem, wäre eine unzulässige Verkürzung.
Daher ist es notwendig, eine Initiative wie die ESC neben den Ereignissen, die in ihren Räumen an ausgewiesenen Besuchstagen stattfinden, auch darin begründet zu sehen, was sie als Bindeglied im Netz um sie herum zu dessen Entstehung beigetragen hat und zu dessen Bestand beiträgt. 

Dabei sind Überlegungen zum eingesetzten Material ebenso wichtig wie die Reflexion über die Wahl der Werkzeuge, und die Medien, mit denen ein künstlerisches Werk realisiert wird. Die ESC ist aufgrund dieser Überlegungen schon seit Ende der 1990er Jahre ein Haus der Freien Software.
Neben rein technischen und juristischen Aspekten rund um Freie Software, müssen wir uns ganz allgemein mit möglichen Zukunftsperspektiven unserer Gesellschaft auseinandersetzen. Zu einem Zeitpunkt, da geistiges Eigentum (Intellectual Property) heftigst debattiert wird, und manche Gruppen von Menschen an ihren Territorialansprüchen festkleben, haben andere sich entschieden, ihr Wissen, ihre Kunst, ihre Netzwerke zu teilen.

Wie in den vorangegangenen Jahren ist eine Kombination aus Ausstellungsprojekten und worklabs geplant, die auf Entwicklung und Vermittlung neuer Technologien angelegt sind, mit daraus resultierenden Installationen und Kooperationen mit KünstlerInnen aus verschiedenen Bereichen der Medien- und Informationskunst. 

Und wie in den vorangegangenen Jahren versteht sich die ESC als Verfechterin des Öffentlichen ? Public Domain und Intellectual Property sind keine Behübschungen im Kunstdiskurs, sondern zentrale Ausgangsüberlegungen, ohne die die gesamte Kunstproduktion ihre Relevanz verliert. Die ESC setzt der Privatisierung von Kunst bis in die Köpfe der BetrachterInnen ein offenes Experimentierfeld entgegen. Kunst ist kein Luxus, Kunst ist Notwendigkeit.
Weltzien beschreibt in seinem Beitrag zu Momente im Prozess ?(...) Kunst als eine Größe, die in einem Prozess von gewisser Dauer entsteht". 

Das bedeutet in Folge für die Arbeitsweise der ESC, dass sie neben der Repräsentationstätigkeit v.a. die Produktionstätigkeit ermöglichen muss, weil nur so diese "Prozesse von gewisser Dauer" überhaupt entstehen können.
"Historisch hat sich die Idee einer dynamischen Kunstauffassung, die die Werke der bildenen Kunst nicht als ewig unveränderlich gültige begreift, in einer Zeit herausgebildet, in der der Schaffensprozess selbst Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung geworden ist. Oder anders formuliert: Wenn die Theorie Kunst nicht als ein jähes Erscheinen in der Produktion ? Inspiration, Vision, Eingebung oder dergleichen ? begreift, sondern Kunst versteht als eine Größe, die fern aller Plötzlichkeit in einem Prozess von gewisser Dauer allmählich entsteht, dann antizipiert dies eine Haltung, die auch die Ansprüche von Ewigkeit und Überzeitlichkeit von Kunst generell in Frage stellt. Als Folge können Entwicklungslinien hin zur Valorisierung des Performativen und der Auflösung des Werkbegriffs verfolgt werden."

Reni Hofmüller