to be continuum

in der Installation von MACHFELD [Sabine Maier | Michael Mastrototaro] (A) und Norman T. White (CN)

Laufzeit: 

17/12/2011

Öffnungszeiten: 

Samstag, 17.12.2011, 20.00 - 8.00 Uhr früh
Kompostionen und Improvisationen

8 Komponist*innen - Adam McCartney, Ailin Huang, Anna Kropfelder, Hristina Takovska, Ja Young Baek, Seongmin Ji, Young Na Kim, Yula Yu (Kompositionsstudierende von Klaus Lang) 

48 Stücke
Kompositionen und Improvisationen
das detaillierte Programm: tobecontinuum.pdf

88 Musiker*innen

 

occupy time! 

Man könnte sagen, dass der eigentliche Gegenstand der bildenden Kunst die Erfahrung von Licht im Akt des Sehens ist, in Analogie dazu der Gegenstand von Musik das hörende Erlebnis von Zeit. Die Zeit als das eigentliche Material des Komponisten wird in einem der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts zum "Thema" der Musik, eine Zeitangabe zum Titel: John Cage's 4'33". 

In den letzten Jahrzehnten haben sich immer mehr technische Geräte etabliert, die dazu geführt haben, dass unsere Zeit ständig für andere verfügbar ist. Die Maschinen, die angeblich Zeit sparen sollen, fressen immer mehr davon. Dieselben oder andere Geräte, die sogenannte Unterhaltungselektronik sorgt dafür, dass unsere uns verbleibende Zeit von anderen mit "Unterhaltung" angefüllt wird. Fast verloren gegangen ist die Idee, sich Zeit zu nehmen, um sich ungehindert einer Sache zu widmen. Aber tiefe Erfahrung - und darum geht es in der Kunst - braucht, im Gegensatz zur Unterhaltung, das sich ganz Einlassen auf eine Sache.
Sie braucht Zeit.

Indem wir uns Zeit nehmen, zuzuhören, wird das Hören von Musik zur Erfahrung von Zeit in ihren verschiedensten Qualitäten: gedehnte Zeit, gestauchte Zeit, rückläufige Zeit, Fluss, Langeweile… Die Qualitäten von Zeit werden erfahrbar, nicht nur die Quantität messbar. Und gerade die Qualität ist die zentrale Kategorie der Kunst, nicht die Quantität.
In der Musik geht es darum, Zeitqualitäten zu erleben und nicht um die Reduktion von Zeit auf ein "Zeitbudget". Kunst erschliesst sich nicht mit einem Denken, das reduziert ist auf quantitative Kategorien, die dem darwinistisch-marktwirtschaftlichen Dogmatismus entstammen, der in den letzten Jahrzehnten den römisch-katholischen abgelöst hat. Dieses Denken, das in einer unablässigen Gehirnwäsche durch die Massenmedien bis in die Begriffe unserer Alltagssprache vorgedrungen ist fordert von den Menschen, dem Markt, als der neuen unfehlbaren allwissenden Gottheit zu dienen, indem sie das heilige Gebot des Kampfes jeder gegen jeden erfüllen. Künstlerische Qualität kann niemals einem derartigen Denken entspringen, sie hat ihre Quelle in dem Streben nach höchster Qualität um ihrer selbst willen: das Kunstwerk soll so gut wie möglich werden, nicht besser als ein anderes. Kunst ist in ihrer Geschichte sehr oft aus dem gemeinsamen Bemühen, aus gegenseitiger Hilfe und Solidarität entstanden und nicht aus dem destruktiven Kampf "jeder gegen jeden". 

In einer Zeit, die wie kaum eine andere voher, von einem einzigen Dogma beherrscht wird - eben dem, des heiligen Marktes - ist es die einzige überlebensmöglichkeit der Kunst undogmatisch zu sein. Kunsthochschulen müssen Orte der Freiheit bleiben, an denen Wert nicht definiert ist als Geldwert, in denen sich andere Formen des freien Denkens etablieren können, die die Sicherheit des Musealen verlassen, um sich auf das Risiko des Gegenwärtigen, des Neuen und daher nicht kontrollierbaren einzulassen, denn das Neue und das Dogma schliessen sich aus. Eine Musikuniversität darf nicht verkommen zu einem Ausbildungsbetrieb für funktionierende Musikautomaten, die möglichst stromlinienförmig und reibungslos im Musikbetrieb funktionieren, quasi als Reinigungskräfte zum Abstauben der musealen Musiktradition. Gerade eine Kunstinstitution muss ein Ort sein, für Menschen, deren Ziel es nicht ist, fit zu sein für den Musikmarkt, die sich ihre Zeit nicht wegnehmen lassen wollen, durch den Zwang ökonomisch nützliches, am Markt benötigtes zu produzieren.
Besetzen wir wieder selbst das Wertvollste, über das wir verfügen - unsere eigene Zeit.
(klaus lang)

in der Installation
"Ars magna lucis et umbrae"
Die große Kunst von Licht und Schatten
MACHFELD 
[Sabine Maier | Michael Mastrototaro] (A)
und Norman T. White (CN)