Rien ne va plus?

Das Spiel mit der Demokratie

Laufzeit: 

08/11/2024

Öffnungszeiten: 

16:00 - 19:00 Uhr

Eröffnung: 

Freitag, 8. November 2024 - 16:00

Termine: 

esc medien kunst labor Rien ne va plus?

Rien ne va plus?
Das Spiel mit der Demokratie

Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen. [Albert Einstein]

Auch in Europa werden rechtspopulistische Strömungen immer stärker. Gleichzeitig nimmt die Verunsicherung und Spaltung der Gesellschaft zu. Was sind die Methoden der  Rechtspopulist:innen und die Ursachen, dass sie so eine Wirkung erzielen? Welche Rolle spielen dabei Kapitalismus und neue Technologien? Gibt es Strategien, um das damit verbundene Aushöhlen von Demokratien zu verhindern? Was braucht es, um das Vertrauen in demokratische Strukturen wieder herzustellen, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern und ein Gefühl der Zuversicht zu erzeugen, die allgegenwärtigen Krisen auf humanitäre, partizipative Weise zu bewältigen?

 

Programm
16:00 Uhr
Einleitung: Ilse Weber
16:05 Uhr
Walter Ötsch: Volk und Elite. Sprache, Bilder und Denkweisen der Neuen Rechten
16:30 Uhr
Barbara Prainsack: Die Grenzen des Vertrauens: Demokratie und Populismus in digitalen Gesellschaften
17:00 Uhr
Tamara Ehs: Spielregeln der Demokratie – oder: “...a game that we want to keep playing indefinitely”
17:30 Uhr
Johanna Pirker: Gaming als Widerstandsübung
18:00 Uhr
Daniel Lohninger: epicenter.works for digital rights
18:30 Uhr
Gesprächsrunde mit den Teilnehmer:innen
Moderation: Ilse Weber

Anschließend Konzertperformance Game Over von Christof Ressi und Finissage unserer Ausstellung WHO IS PLAYING WITH US?

 

Das Spiel mit der Demokratie

Künstliche Intelligenz, Fanatismus, Digitalisierung, globale Migrationsbewegungen und lokale Flüchtlingskrise, Koruption, Fanatismus, Inflation und Erderwärmung gelten als die Leitbegriffe eines vielfach beschworenen Bedrohungsszenariums. Systemisch damit verbunden steht der Kapitalismus zur Disposition, mit dem die Kritik vor allem^^ das Anthropozän als möglicherweise finale Menschheitsära apostrophiert. Wenn sich die Kunst mit Demokratie befasst, dann mit einer ihrer Existenzbedingungen. Und wenn Kunst im Kontext von Demokratie beleuchtet wird (und aufscheint), dann sowohl als Indikator für Demokratie wie auch – etwa unter Berufung auf Ernst Cassirer – als operatives Projekt der Demokratisierung.

 

Kultur der Demokratie

 

Eine mehrheitlich weitgehend geteilte Auffassung von Demokratie gründet in der Verantwortung der Bürger:innen, sie im Alltag durch Begegnung und Austausch zu tragen, zu gestalten, zu erneuern und dadurch am Leben zu halten. Das setzt einen weitgehenden Konsens über grundlegende Prinzipien voraus, die über die bloße Verfassungsordnung hinaus Zustimmung erfahren – allem voran darüber, dass es DIE Demokratie nicht gibt. Darin, dass sie stets von neuem und aus sich heraus aktualisiert werden muss, ähnelt Demokratie im Prinzip der Kultur in ihren charakteristischen Gegebenheiten, wie Walter Benjamin sie pointierte: Sie steht sowohl im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn nicht fest, sondern entsteht „aus menschlicher Aktivität [...] als der provisorische und in unablässiger Bewegung begriffene Mentalitäts- und Handlungszusammenhang, als der offene Kommunikationsraum, der sie ist.“ Denn: Neben gängigen Markern wie Mitbestimmung, Solidarität und Egalität, Freiheit zur Willens- und Meinungsbildung zugeeigneten Eigenschaften besteht Demokratie zuallererst – nicht in der bedingungslosen Volkssouveränität, von der alle Macht ausgehe, wenngleich sie dieser Idee innerlich verpflichtet ist und auf deren Verwirklichung zielt. Schon gar nicht in einer Diktatur der Mehrheit. Demokratie besteht zuallererst im Schutz der Schutzbedürftigen – (auch) vor der Macht der Mehrheit; besteht in der kritischen Haltung gegenüber dem Staat (die dem Staat z.B. durch die Gewaltenteilung funktional implementiert ist); und anders als eine Mehrheit, die ihre Macht aus einer ethnischen, nationalen, kulturellen, religiösen Zugehörigkeit bezieht, begründet sich das Verständnis von Demos in der Demokratie als jene Gruppe von Menschen, die sich Regeln gesetzt hat, die eine gemeinsame Praxis und gemeinsame Institutionen bestimmen. Das heißt: Demokratie zeichnet sich im Grunde dadurch aus, dass sie selbst gegen den Volkswillen gewendet stabil bleibt (bzw. bleiben sollte), mehr noch, sich durchsetzt. Etwa im Fall von Migration; da ist der liberaldemokratische Staat einer höheren ethischen Instanz (Europäischer Menschenrechtskonvention, Völkerrecht, Genfer Konvention ...) als dem bloßen Volkswillen verpflichtet. Oder etwa im Fall des Unterhalts von Kunst-Einrichtungen (Theater, Museen, künstlerischen Produktions- und Distributionsstätten ...). Deren „Kulturauftrag“, die eigene Agenda zu verfolgen, rangiert praktisch höher als im mehrheitlichen Wertekanon.

 

Kunst (im Interesse des Öffentlichen)

 

Demokratie bedarf der fortwährenden Demokratisierung, darin ist sich Demokratie selbst Ziel und Instrument zugleich – wenn man so will, ein Projekt der Zukunft. Demokratisierung meint, dem Selbstverständnis einer säkularen und aufgeklärten Demokratie, den Prinzipien der Freiheit, Gleichheit, Individualität institutionell und zivilgesellschaftlich Vorschub zu leisten. Zu den Konditionen, unter denen dieses Projekt verfolgt werden kann, zählt – zusammen mit Bildung und Wissenschaft – die Kunst. Und Kunst braucht die Förderung durch den Staat, die Gesellschaft – nicht nur finanziell, sondern ideell und praktisch in einem rein pragmatischen Sinn und Zweck, nämlich als ein Instrument zur demokratischen Entfaltung der (demokratischen) Gesellschaft. Heißt: „unabhängig“ von Hervorbringungen in den jeweiligen Disziplinen und damit verknüpften Vorlieben oder Theorien, eignet Kunst in der Entwicklung ihrer Kultur (ihrer freien Entfaltung) eine z.B. auf die Selbstorganisation der Gesellschaft zielende instrumentelle Qualität.

 

Der Kulturwissenschaftler und Geschichtsphilosoph Ernst Cassirer hat dieses „Demokratieprinzip“, dem durch Kunst gleichsam institutionell Ausdruck verliehen wird, zu einem zentralen Gegenstand seiner Überlegungen gemacht. Cassirer pointiert Demokratie und Kunst als voneinander abhängige Erkenntnisform zur Weltgestaltung. Nur die freie Weltaneignung und Weltwahrnehmung (vermittels bestimmter Kulturtechniken und Disziplinen, symbolischer Formen) könne zu einer gesellschaftlichen Pluralität führen, die wiederum Vorbedingung der Entwicklung einer politischen Kultur ist, in der sich tatsächlich die Gesellschaft und nicht eine herrschende „Elite“ abbildet. Als eine Quelle und Methode der Erkenntnis und des Verstehens – Kunst bedeute Entdeckung und Intensivierung von Wirklichkeit zugleich und sei daher Erkenntnis- und Handlungs(Wirkungs-)Faktor – spiele Kunst also eine herausragende Rolle.

 

Indikator und Instrument

 

Wenn wir Cassirers Verständnis von Kunst als Indikator demokratischer Verhältnisse wie als Erkenntnis- und Handlungsform übernehmen, dann auch in der Bedeutung eines Instruments bzw. eines Mittels, wenn man so will: eines Mediums oder Vektors der Demokratisierung.

Kunst, wie sie (heute) von der forschenden Künstler:innenschaft betrieben wird, ist nicht von ungefähr ein Adoptivkind der Demokratie und deren staatlichen Herausbildung der Öffentlichen Hand, ein Parafisci (wie es im Buche steht; bzw. im Gabler Wirtschaftslexikon); zugegeben, ein vernachlässigtes Kind. Allein, ohne Freiheitsgarantie und finanziell zumindest bis zu dem Grad abgesichert, dass diese Freiheit sich nicht nur als zynisch proklamierter, da lebensferner Zustand, sondern als prinzipiell und realiter möglich erweist, wäre ihre Existenz völlig infrage gestellt. Der Staat muss sein liberaldemokratisch begründetes Versprechen und die Bekenntnis zur Freiheit der Kunst in Form einer Handlungsmöglichkeit einlösen, d.h. er muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Freiheit dem Gegenstand einigermaßen adäquat ausgelebt werden kann. Er tut das mittels Akademien und Universitäten ebenso wie individuellen Projektsubventionen, Betriebsförderungen von Kultur- bzw. Kunstinitiativen, Produzent:innengalerien und -laboren oder Atelierhäusern etc. Weder Steirischer Herbst noch Ars Electronica oder das esc medien kunst labor usw. würde ohne Unterstützung durch die Öffentliche Hand (in ihrer jetzigen Form) existierten. Umgekehrt erwächst der Kunst aus dem Status eines demokratiepolitischen Adoptivkinds zumindest die Aufgabe, innerhalb ihrer eigenen Agenda zur politischen Kultur (Demokratie) im Sinne einer Handlungs- und Lebensform beizutragen. Eine und wohl auch die wesentlichste Konsequenz daraus betrifft das Milieu, in dem Kunst sich zuletzt erst verwirklicht, nämlich die öffentliche Wahrnehmung dahingehend, dass mit Veröffentlichung – im Interesse des Öffentlichen – ihre Öffnung hin zum gesellschaftlichen Diskurs einhergehe: Nicht, weil die Gesellschaft Mitspracherecht über den Gegenstand Kunst hätte, sondern weil sie das Anrecht darauf hat, dass mit ihr (über und durch Kunst) gesprochen werde, und zwar auf eine öffentlichkeitswirksame, das heißt der Kunst als Erkenntnisform zugängliche Weise. So gilt im Hinblick auf Kunst speziell, was für demokratische Lebensformen allgemein gilt: Eine Demokratie, die deren Pflege vernachlässigt (oder auch eine Politik herausbildet, die primär Effizienz und Leistung, Controlling und Benchmarking das Wort redet), nimmt in Kauf, dass sich die kulturellen Voraussetzungen der liberalen Demokratie auflösen.

 

[Heimo Ranzenbacher]

 

Walter Ötsch

Volk und Elite. Sprache, Bilder und Denkweisen der Neuen Rechten

 

Was macht den Kern des Denkens der Neuen Rechten aus, welche Sprache und Aktionsformen folgen daraus? Warum ist in diesem Denken eine Eskalationsspirale enthalten, die die Demokratie bedrohen kann? Was sind die Gründe für das Anwachsen der Neuen Rechten und wie sollte man damit umgehen?

 

Walter Ötsch ist Ökonom und Kulturhistoriker an der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung Koblenz. Er war früher an der Johannes Kepler Universität Linz tätig und hat dort das Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft aufgebaut und geleitet. Seine Fachgebiete sind die Kulturgeschichte der Wirtschaftstheorie, die Geschichte des Neoliberalismus und Aspekte einer neuen imaginativen Ökonomie. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren auch mit dem Rechtspopulismus.

Bücher: Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung, mit Nina Horaczek (2018, 2022 als Taschenbuch), Mythos Markt. Mythos Neoklassik. Das Elend des Marktfundamentalismus (2019), Das Imaginative der Politischen Ökonomie (als Hg., mit Birger P. Priddat und Steffen W. Groß, Metropolis 2024), Der geometrische Raum. Spätes Mittelalter und beginnende Neuzeit (Band 2 der Serie Kulturgeschichte des Denkens über die Wirtschaft, 2024)

 

Tamara Ehs

Spielregeln der Demokratie – oder: "…a game that we want to keep playing indefinitely"

In ihrem Buch "Wie Demokratien sterben" bezeichnen Steven Levitsky und Daniel Ziblatt die Demokratie als "ein Spiel, das wir auf unbestimmte Zeit spielen wollen." Die österreichische Verfassung wiederum wird gern als "Spielregelkatalog" bezeichnet. Doch wer darf aufs Spielfeld, wer bleibt Zuschauer? Und ermöglicht digitale Technologie neue Spielvarianten? Die Demokratieberaterin Tamara Ehs geht diesen Fragen in ihrem Vortrag nach, spricht über Wahlrecht und Wahlbeteiligung und stellt Ergebnisse ihres Forschungsprojektes einer demokratiefördernden digitalen Beteiligungsplattform vor.

 

Tamara Ehs studierte Politik-, Kommunikations- und Rechtswissenschaften an der Universität Wien, Sciences Po Lille und European Academy of Legal Theory Brüssel. Sie gründete die "Demokratieberatung Ehs & Fils" und ist nun wissenschaftliche Beraterin der Staatsrätin der baden-württembergischen Landesregierung in Fragen der Bürgerbeteiligung, der European Association for Local Democracy (ALDA, Brüssel), der Europäischen Demokratiehauptstadt (ECoD), sowie des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz und Innovation in der "Kommission für Dialogprozesse der Verwaltung mit der Zivilgesellschaft". Ihre Forschung und Publikationen konzentrieren sich auf demokratische Innovationen und verfassungsrechtliche Sicherungen der Demokratie in Österreich, Deutschland, Ungarn und auf EU-Ebene, mit dem Fokus auf soziale Ungleichheit und Gefahren der Autokratisierung.

 

Barbara Prainsack

Die Grenzen des Vertrauens: Demokratie und Populismus in digitalen Gesellschaften

 

Wir müssen die Demokratie verteidigen, hören wir heute – von fast allen Teilen des politischen Spektrums. Welche unterschiedlichen Demokratiebegriffe gibt es, und wie verhalten sie sich zu Populismus? Wie sind digitale Praktiken daran beteiligt, Demokratien zu schwächen oder zu stärken?

Barbara Prainsack ist Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse an der Universität Wien, wo sie die Forschungsgruppe Zeitgenössische Solidaritätsstudien leitet. Neben ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit ist Barbara Prainsack in zahlreichen Beratungsgremien tätig: So ist sie zB Vorsitzende der Europäischen Gruppe für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien, welches die Europäische Kommission berät. Ihre letzten Bücher zum Thema Arbeit erschienen 2023 (Wofür Wir Arbeiten, Brandstätter) und 2024 (Arbeit - Care - Grundeinkommen, mit M. Appel, Mandelbaum). Sie ist Honorarprofessorin am Centre for Healthy Societies an der Universität Sydney. Im akademischen Jahr 2023/24 war sie Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Forschungsbereiche:

Eigentumsformen und strukturelle Aspekte in der Besitzverteilung der großen Tech-Konzerne; Defending Democracy

 

 

Johanna Pirker

Gaming als Widerstandsübung

Sind Spiele politisch? Genau diese Frage stellt Johanna Pirker in ihrem Talk und beleuchtet dabei, wie Videospiele politische Botschaften transportieren und welche Rolle sie in gesellschaftlichen Debatten spielen. Mit einem Fokus auf "the good, the bad, and the ugly" analysiert sie positive Beispiele, in denen Spiele zum kritischen Denken anregen und soziale Veränderungen fördern, ebenso wie problematische Darstellungen und fragwürdige Inhalte. Der Vortrag diskutiert, wie politische Themen spielerisch umgesetzt werden und welche Auswirkungen dies auf die Spieler:innen und die Gesellschaft haben kann.

 

Johanna Pirker studierte Software Development and Business an der TU Graz und am Massachusetts Institute of Technology (MIT). 2017 promovierte sie an der TU Graz über Immersive and Engaging Forms of Virtual Learning. Dabei entwickelte sie mit Maroon ein interaktives Physiklabor für den Einsatz im Klassenzimmer. Seit 2013 lehrte sie an der TU Graz Game Design and Development, Information Search and Retrieval und Social Media Technologies. Seit November 2022 ist sie Professorin an der Ludwig-Maximilians- Universität München am Lehrstuhl für Angewandte Informatik und Medieninformatik. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen HCI, Social Network Analysis und Games User Research.

Innerhalb der Computerspiel-Branche ist sie vor allem bekannt als Initiatorin und Leiterin der Game Dev Days Graz, Österreichs größter Konferenz für Spieleentwickler:innen , sowie als Vortragende bei internationalen Konferenzen wie beispielsweise der GDC. Sie engagiert sich außerdem stark für die Indie Game Development Szene und Game Jams.

Pirker spielt Keyboard in der Indie-Rock-Band Coinflip Cutie.

Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München am Lehrstuhl für Angewandte Informatik und Medieninformatik

 

Daniel Lohinger

epicenter.works for digital rights

Jeder Bereich unseres Lebens ist zunehmend digitalisiert – von der politischen Meinungsbildung bis zur Kommunikation zwischen Bürgern und Staat. Digitale Technologien bieten uns einen bisher unvorstellbaren Zugang zu Informationen, zu politischer Partizipation und globalen Netzwerken. Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Digitalisierung bedeutet in unseren modernen Gesellschaften nicht nur Fortschritt und Innovation – sie stellt unsere Grundrechte auf die Probe und fordert von uns, Demokratie und Menschenrechte neu zu denken und zu schützen.

Ein zentrales Anliegen von epicenter.works ist der Schutz der Privatsphäre und der Freiheit, sich ohne Angst vor Überwachung äußern zu können. Denn eine Demokratie, in der Bürgerinnen und Bürger überwacht werden, kann nicht als frei bezeichnet werden.

Demokratie bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt und ohne Angst an politischen Prozessen teilnehmen können. Doch der digitale Raum ist nicht frei von Diskriminierung und Ungleichheit. Viele Menschen haben nur eingeschränkten Zugang zur digitalen Welt oder werden systematisch benachteiligt. epicenter.works fordert daher, dass der Zugang zur digitalen Infrastruktur für alle gesichert und die Netzneutralität unbedingt geschützt wird. Netzneutralität ist das Prinzip, dass alle Daten im Internet gleich behandelt werden und keine Inhalte, Anwendungen oder Nutzer bevorzugt oder benachteiligt werden dürfen. Nur so kann garantiert werden, dass das Internet ein offener Raum für demokratische Meinungsbildung bleibt. epicenter.works setzt sich für den verantwortungsvollen Einsatz von digitalen Werkzeugen ein. Systeme, die in der öffentlichen Verwaltung oder in Unternehmen verwendet werden, müssen so gestaltet sein, dass sie keine Diskriminierung fördern und stets transparent sind.

Auch die Vermittlung von Wissen um die Praktiken der Datensammler und Überwacher und Kompetenzen zum Selbst- und Fremdschutz sind uns ein zentrales Anliegen und Aufgabe unsere Bildungszweiges. Nur wenn dieses Wissen in der Breite vorhanden ist können wir als Bürgerinnen und Bürger informierte Entscheidungen im demokratischen Prozess treffen und Freiräume für Aktivismus verteidigen.

Die Digitalisierung bietet enorme Chancen, aber auch erhebliche Risiken für unsere Demokratie und unsere Grundrechte. Es liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass diese Rechte auch in der digitalen Welt geschützt sind. Demokratie lebt von einer aktiven, wachsamen Zivilgesellschaft, die den Staat und Unternehmen zur Verantwortung zieht. Als NGO sehen wir es als unsere Aufgabe, auf Missstände aufmerksam zu machen, für die Grundrechte einzutreten und politische Veränderungen anzustoßen. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft und engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich gemeinsam für ihre Rechte einsetzen. Demokratie ist kein Selbstläufer – sie muss jeden Tag verteidigt und weiterentwickelt werden.

 

Daniel Lohninger arbeitet in den Bereichen Datenschutz, Netzpolitik und Grundrechte. 2021 hat er die Projektleitung des Bildungsbereichs im Verein und dann die Geschäftsführung der epicenter.academy GmbH übernommen.

epicenter.works versucht, inmitten der technischen und gesellschaftlichen Veränderung im digitalen Zeitalter auf dem Boden der Menschenrechte gangbare Wege zu finden. Wir verstehen uns als Interessensvertretung für Grund- und Freiheitsrechte und setzen uns für eine starke Stimme der Zivilgesellschaft und einen aufgeklärten, sorgsamen Umgang mit den Chancen und Risiken der Technik ein. Mit der Arbeit der epicenter.academy wollen wir Wissen zum Schutz der eigenen Daten und zur digitalen Selbstverteidigung in die Breite tragen.