M.Butterfly Vol.2 : Death Proof

Laufzeit: 

21/11/2024 bis 17/01/2025

Öffnungszeiten: 

Dauer der Ausstellung: 22.11.2024 – 17.01.2025

Öffnungstage: 22.11. – 13.12.2024 und 14.1. – 17.1.2025

Öffnungszeiten: Di – Fr, 14 – 19 Uhr und nach Vereinbarung

Midissage: Freitag, 13.12.2024, 18.30 Uhr, Jahresausklang mit Adriana Celentana, Pflaumenwein und Punsch

Schaufensterinstallation*: 14.12.2024 – 13.1.2025

Art’s Birthday & Finissage: 17.1.2025, 19 – 23 Uhr, live auf Radio Helsinki aus dem esc medien kunst labor Mit Kim Hankyul und Gästen, Kooperation: Radio Helsinki

 

Schaufensterinstallation*:

M.Butterfly Vol.2 : Death Proof ist während unserer Winterpause vom 14.12.2024 – 13.1.2025 als Schaufensterinstallation von außen sichtbar und mittels QR-Code auch hörbar.

 

Eröffnung: 

Donnerstag, 21. November 2024 - 19:00

Termine: 

esc medien kunst labor M.Butterfly vol.2 : Death Proof

Im Spiel bleiben Zuordnungen in Bewegung, fest steht nur der Tod. Das Spiel geht weiter.

Liveklänge

M.Butterfly Vol.2: Death Proof thematisiert sowohl weltpolitische Großmachtphantasien als auch Fragen der Geschlechteridentität. Kim Hankyul greift diese Motive auf, löst sie von den narrativen Verbindlichkeiten des Theaters und überführt sie in ein Spiel der Anspielungen und freien Assoziationen und der Choreografie robotischer Bewegungsabläufe.

Kim Hankyul (KOR), mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Kistefos-Preis, beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit Themen wie Gewalt, Entfremdung, Kolonialismus, Religion und Mediengesellschaft ebenso wie mit Klangbildern, die durch die physische Bewegung von Skulpturen entstehen.

 

Kim Hankyuls M.Butterfly Vol 2: Death Proof ist vielschichtig, anspielungsreich, dramatisch … Die kinetische Installation zitiert Bühneneffekte, erinnert an das Theater. Materialien, Zeit, Bewegung, Klänge – alles ist da, nur kein Mime, kein Text. Es ist, als würden Bühnenrequisiten nach dem Verschwinden des menschlichen Ensembles ihr eigenes, gleichermaßen gespenstisches wie slapstickhaftes Stück aufführen. Mit David Henry Hwangs Stück M.Butterfly aus dem Jahr 1988 hat Kim Hankyuls gleichnamige Installation die Verweise des Hwang-Stücks auf Giacomo Puccinis Oper Madama Butterfly (1904) und die Freiheit in der Variation des David-Cronenberg-Films (1993) über Hwangs M. Butterfly gemein.

 

Zentral sind die Themen Projektion und Schein: Von D. H. Hwang u.a. in der Unkenntnis seines Helden verortet, dass seine Liebe zu einer Sängerin der Pekinger Oper eigentlich einem Mann gilt (darüber hinaus einem für China tätigen Spion; das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen ist darin Teilaspekt). Vor dem Hintergrund, dass Frauen in der sogenannten Peking-Oper von Männern gespielt werden, und der Kritik an Puccinis Oper, die im Kleid des Fernwehs abendländische Vorurteile repliziere (der Liebestod der orientalischen Frau als Projektion chauvinistischen Wunschdenkens westlicher Prägung), thematisiert Hwangs M.Butterfly sowohl weltpolitische Großmachtphantasien als auch Fragen der Geschlechteridentität. Kim Hankyul greift diese Motive auf, löst sie von den narrativen Verbindlichkeiten des Theaters und überführt sie in ein Spiel der Anspielungen und freien Assoziationen und der Choreografie robotischer Bewegungsabläufe.

 

Die Spannung zwischen Authentizität und Fiktion im Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen ist in ihrer/seiner „Inszenierung“ nicht minder spürbar und wird sowohl durch die kontrastreichen materiellen Begegnungen der Installation als auch durch das „Drama“, das sich im Raum entfaltet, untermauert.

 

Drähte und Kabel verbinden Skulpturen aus Glas, aus Holz und Metall mit Lautsprechern und einem lauten Stromgenerator. Einige der Skulpturen sind mit unspezifischen „östlichen“ Symbolen verziert, Formen, die wie asiatische Schriftzeichen aussehen, aber nicht unbedingt etwas bedeuten. Einerseits wird hier Hankyuls Spiel mit Klischees über den Osten deutlich, andererseits erinnert der Künstler daran, wie westliche Erwartungen an das Asiatisch-Sein auch die Selbstinszenierung der südostasiatischen Diaspora prägen. Hankyul inszeniert den Blick auf „den Anderen“ als konstruierende Kraft.

 

Anders als Spielformen des mechanischen Theaters nach Art des Bauhauses oder der Futurist:innen, die mit der Guckkastenbühne das Gegenüber der Vor-Stellung beibehielten, sind in Kim Hankyuls M-Butterfly-Inszenierung zuletzt doch menschliche Akteur:innen engagiert. All jene – wir –, die (wir) uns als das vermeintliche Publikum dazwischen bewegen und als einen systemischen Teil des Geschehens erfahren.

 

 

Kim Hankyul:

M. Butterfly“ wurde 2020 konzipiert und 2022 im KRAFT Bergen (Norwegen) als kinetische Theaterinstallation zum ersten Mal präsentiert. Die Arbeit stellt die westliche Tradition des binären Verständnisses von Geschlecht und Ethnizität in Frage. Die Ausstellung entstand auf der Grundlage des gleichnamigen Theaterstücks, das als Gegenerzählung zu Puccinis Oper „Madame Butterfly“ und ihrer kolonialen Perspektive auf den Osten und das Weibliche dient. Sowohl im Stück als auch in der Ausstellung wird die Figur des Stücks von einer gehorsamen Frau in eine transvestitische männliche Diva verwandelt, die beide einen tödlichen und exotischen Charme besitzen. In der Ausstellung wird der Körper der Diva durch verschiedene handwerkliche Techniken wie Metallbiegen, Glasblasen und Glasbiegen dargestellt, um die transformative Natur des Körpers, um das illusorische Bild zwischen Fantasie und Realität wirkungsvoll zu symbolisieren. Der Galerieraum wird zu einer Opernbühne, wodurch die Perspektive des Publikums mittels einer Konfrontation mit der illusorischen Performance in Frage gestellt werden kann.

 

Die Ausstellung setzt verschiedene Objekte aus Glas, Textil, Holz und Metall in eine zusammenhängende Szenerie, um die Idee des Orients zu visualisieren, die ausschließlich im westlichen Kontext dargestellt wird. Basierend auf dem Theaterstück „M. Butterfly“ von David Henry Hwang wird die im westlichen Kontext beobachtete mythische Illusion des „Orients“ sarkastisch in der ästhetischen Landschaft einer Bühne mit exotischem Charme dargestellt und visuelle Traditionen verschiedener asiatischer Nationen werden in einer gesamtheitlichen Vorstellung des „Orients“ vermengt, ein Zustand, der einen zum Objekt des exotisierenden Blicks macht. Die gezeigten Bilder von Inneneinrichtungen asiatischer Restaurants in westlichen Ländern und die in westlichen Medien gezeigte asiatische Kleidung dienen als Hauptbezugspunkt für eine visuelle Geste der Ausstellung.

 

Im esc medien kunst labor präsentiert Kim Hankyul M. Butterfly Vol.2: Death Proof, eine Fortsetzung des ursprünglichen Werks und verfolgt damit einen erweiterten Ansatz in Bezug auf Medien und Sichtbarkeit. Während das erste Projekt in erster Linie darauf abzielte, die Dissonanz zwischen einem objektivierten Körper und dem kolonialen Blick darauf durch ambivalente Eigenschaften von Materialien und Symbolen zu verkörpern, wird im aktuellen Projekt das Thema der kulturellen Repräsentation auf den Prozess der digitalen Identitätsbildung ausgedehnt, der durch „Resolution“ (Auflösung) gekennzeichnet ist. Das Projekt bezieht Künstliche Intelligenz aktiv in den Entstehungsprozess ein, indem es sie Videos in einer Mischung aus höchster und niedrigster Auflösung erstellen lässt, die aus den Textvorgaben mit Wörtern wie „Orient“, „Asien“, „westlicher Blick“ und „Transvestit“ generiert werden. Die Sequenz der durch Motoren ausgelösten Vibration des vorderen Fensterbereichs wird ebenfalls durch Verwendung von KI als Hauptentscheidungsträger in eine zufällige Sequenzierung gebracht, die als direktes Klangereignis den Raum zum Schwingen bringt und so das Klanggeschehen bestimmt.

 

 

Das Projekt vermeidet absichtlich die Reproduktion kultureller Dichotomien zwischen dem Westen und dem Osten und dem Männlichen und dem Weiblichen, indem es die Handlungsmacht (agency) eines:einer Entscheidungsträger:in vollständig abgibt und den Gestaltungsprozess durch Künstliche Intelligenz stattfinden lässt, und auch indem es die Symbole kultureller Repräsentationen aus der Ich-Perspektive überstrapaziert, bevor der Körper von „den anderen“ oder von „dem äußeren Blick“ konsumiert wird. Das Ergebnis wird in einer teilweise selbstironischen und gänzlich unästhetischen Art und Weise gezeigt, in der jedes Objekt und der Ursprung der Bewegung auf dem Boden ohne Zentrum verortet werden, wobei Lo-Fi-Filmeffekte mit billigen Ventilatoren und Haartrocknern verwendet werden, um den Bluteffekt zu erzeugen. Die Distanz zwischen den Bildern des Spektakels und den langweiligen technischen Einstellungen, mit denen sie erzeugt werden, wird unverhohlen offengelegt und erweitert das Verständnis eines Körpers in Richtung der Frage nach der medialen Darstellung: Gehört unser Körper zu uns? Gibt es eine vorbestimmte Ästhetik eines Körpers, bevor er von den anderen gesehen wird?

 

 

Die Choreografie der anthropomorphen Hauptfigur wiederholt die Bewegung von Zerstörung und Wiederauferstehung und verkörpert den fließenden Prozess der Identitätsbildung in zeitgenössischen Medienumgebungen voller Gimmicks und Memes. Die visuellen Komponenten sind in der Farbpalette Rot angeordnet und warten darauf, dass die gesamte Landschaft durch einen digitalen Chroma-Key-Bildschirm vermittelt wird, um zu verschwinden und in einen vollkommen flüchtigen Zustand der Subjektivität einzutreten – eine Durchquerung verschiedener Auflösungen und Dimensionen, im Körper von Bildern unbekannter Herkunft, die entweder extrem arm oder queer sind und die Eingeweide der nüchternen Gesellschaft viral angreifen. Und folgende Frage wird rekursiv gestellt: Ist nicht der einzige Weg, den Körper in seiner authentischen Präsenz zu halten, ihn durch seine Entscheidung absolut verstörend werden zu lassen, bevor ihn jemand verstörend nennt?

 

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