Amazonian Flesh
In immersiven Installationen, Objekten und Performances untersuchen die Künstler:innen des Kollektivs knowbotiq Formen der Wissenserzeugung, politische und ökonomische Systeme sowie algorithmische Steuerungssysteme künstlicher Intelligenzen.
Die Installation Amazonian Flesh provoziert als Situation für die Besucher:innen einen kollektiven Müßiggang: In intimen auditiven Hörspielen werden die Besucher:innen von Robotern aufgefordert, die Lohnarbeit für immer aufzugeben. Das Künstler:innenkollektiv knowbotiq untersucht mit Amazonian Flesh, wie algorithmische Unternehmen – dem Werktitel der Installation folgend referenzieren die Künstler:innen dabei auf das Unternehmen Amazon – ihre Mitarbeiter:innen und Kund:innen in logistische Körper und Prozesse verwandeln. Dabei begeben sich die Künstler:innen auch auf eine Suche nach Freiräumen des Unmessbaren, Unmittelbaren und Nicht-Optimierbaren und fragen, ob sich künftig auch Roboter und künstliche Intelligenzen mit Arbeitnehmer:innen solidarisieren würden.
Die Installation Amazonian Flesh spiegelt die neuen Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche und der digitalen Wirtschaft wider. Alle Bewegungen und Wünsche von Mitarbeiter:innen und Kund:innen werden kontinuierlich erfasst, ausgewertet und optimiert. Die Grenzen zwischen Körper und digitalen Infrastrukturen verschwimmen in einer sich ständig verändernden Matrix der Wertschöpfung. Wie das Kollektiv zur Installation verfasste: „Amazonian Flesh ist ein sich ausbreitendes kollektives Geflecht aus Körpern, Bots und digitalen Artefakten, das umarmt, verführt und bedroht.“ Frederick Taylor versuchte bereits 1882 Methoden zu entwickeln, um die Leistung der Arbeitnehmer:innen zu optimieren – durch Studien von Zeit-, Lohn-, Bewegungs- und Arbeitsabläufen. Henry Ford übertrug diesen sogenannten „Taylorismus“ im Sinne einer Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen systematisch in die durch Maschinen bestimmten Fließprozesse der industriellen Massenproduktion. Wichtig war im „Fordismus“ insbesondere, dass sichergestellt wurde, dass sich jede/jeder Mitarbeiter:in ein eigenes Auto von ihrer/seiner Arbeit leisten konnte.
In einer für das esc medien kunst labor entwickelten Installation, bestehend aus Fahne und Videos mit computeranimierten, robotischen Wesen, werden die Handlungen der Angestellten eines Unternehmens zu einem Körper eines künstlich intelligenten Netzwerks verschmolzen. Die Optimierung des Arbeitsprozesses durch Roboter wird erneut in dieser Ausstellung zum Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung-. Und wieder entsteht dabei die Frage: Wie gestaltet sich zukünftig das Verhältnis von Mensch und Maschine in der Arbeitswelt? Werden die Arbeitsprozesse des Menschen in Unternehmen bald für obsolet erklärt und gänzlich von Maschinen übernommen? Und welche Rolle würde der Mensch nach einer solchen „vierten industriellen Revolution“ in der ökonomischen Welt noch spielen? In der Installation Amazonian Flesh postulieren die Künstler:innen eine Wirklichkeit, in der die künstliche Intelligenz schon längst das Unternehmen übernommen hat und uns nun nur mehr auffordert, nicht mehr zu arbeiten, oder, um Worte aus den Hörspielen der Installation wiederzugeben: „Your strike is over. Never work again.“
[MA Elisabeth Passath]
Quellennachweis:
https://interkultur.ruhr/kalender/knowbotiq-amazonian-flesh-finale
https://archive.knowbotiq.net/amazonian-flesh/
https://cewebs.cs.univie.ac.at/inf-ges/ws10