Where the City Cant See

Still aus Liam Young Where the City Cant See

Der als Architekt tätige Liam Young versteht sich selbst als „worldbuilder“ (also „Weltenbauer“), der an der Schnittstelle von „Design, Fiktion und Zukunft“ visionäre Filme und spekulative Welten entwirft.

Das unter der Leitung von Liam Young 2019 entstandene Video Where the City Can't See. Hacking the Eyes of the Smart City entwirft das dystopische Bild einer Stadt, die von einem umfassenden Netzwerk kontrolliert als „Smart City“ zu einem digitalen Organismus wurde. In dieser feindlich anmutenden Umgebung erzählt das Video die Geschichte von einer Gruppe von Menschen, die sich auf die Suche nach einer „Wildnis jenseits der Maschine“ begeben. Als Teil einer Subkultur, die tagsüber an den Produktionsbändern der Maschinen arbeiten, tarnen sich jene Menschen in der Nacht vor den Gesichtserkennungen des Netzwerks und fahren mit einem Taxi durch die Stadt, in der Hoffnung, die Augen der „Smart City“ zu hacken, um an einen Ort zu gelangen, an dem die Stadt sie nicht mehr sehen kann.

Nach einem Drehbuch von Tim Maughan und in Zusammenarbeit mit Alexey Marfin entwickelt, handelt es sich um das weltweit erste Video, das durchgehend mit Laserscannern gedreht wurde. Dabei wurden Computer-Vision-Systeme und Scantechnologien zum Einsatz gebracht, die beispielsweise bei fahrerlosen Autos, Stadtverwaltungssystemen oder Google Maps verwendet werden, wodurch im Video insgesamt das „Bild einer Stadt durch die Augen von Robotern betrachtet“ entstand.

Das Narrativ des Films spielt mit einer primär im europäischen und angloamerikanischen Raum vorhandenen Angst der Übernahme des Menschen durch intelligente Maschinensysteme. Bereits im Zeitalter der ersten industriellen Revolution entscheidend geprägt, setzt sich jene Angst bis heute fort. So wie der Philosoph Richard David Precht beispielsweise auf die „vierte industrielle Revolution“ verweist und damit eine Epoche umschreiben möchte, in der der Mensch in seinen Arbeitstätigkeiten vollständig von der Maschine abgelöst wurde. Auf ähnliche Problematiken verweist auch der Philosoph Byung Chul-Han in seiner Publikation „Im Scharm des Digitalen.“ Momentan zeigt sich die Sorge, von einer künstlichen Intelligenz überholt zu werden, sehr aktuell am Beispiel ChatGPT.  Jene Angst vor der Maschine respektive dem Roboter respektive der KI findet beispielsweise seinen Höhepunkt in popkulturellen Phänomenen, wie in der Matrix- oder Terminator Filmreihe, in denen der Mensch letztlich nichts weiter als eine Batterie oder Schachfigur im Spiel der künstlichen Intelligenzen ist.  Die Kunst hat dabei spätestens seit der Moderne (wie bei „Metropolis“) versucht, Mensch-Maschine Beziehungen darzustellen. Sie entwickelte dystopische Szenen, aber auch mögliche (utopische) Anwendungsbereiche neuer Technologie als Nutzen für Mensch und Natur.
[MA Elisabeth Passath]

Quellennachweis:
https://liamyoung.org/biography