I share, therefore I am.

Laufzeit: 

22/09/2013 bis 13/12/2013

Öffnungszeiten: 

Ausstellungseröffnung: Samstag, 21.9.2013, 11.00 Uhr Konzert und Lecture im Rahmen vom musikprotokoll 2013 mit Pei-Wen Liu: Sonntag, 6.10.2013, 18.00 Uhr Finissage: Freitag, 13. Dezember 2013, 18.00 Uhr steirischer herbst Öffnungszeiten: 22.9. - 3.11.2013, Dienstag - Sonntag, 10.00 Uhr – 18.00 Uhr Allgemeine Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 14.00 – 19.00 Uhr und nach Vereinbarung

Eröffnung: 

Samstag, 21. September 2013 - 11:00

Installationen: 

I share, therefore I am.

Gegenüber der Verwertungslogik blitzschneller – zeitloser – Informationsübertragung vermag Kunst eine Art von Zeitlichkeit wiederherzustellen, und zwar Zeit als Dauer, als eine Form der ästhetischen Unterminierung. Mit Wiederaneignung von Zeit geht auch die Rückeroberung von Raum einher. Wenn Raum durch einen sensorischen Eindruck oder eine konkrete Vorstellung wahrgenommen werden kann, wenn das Gefühl von Zeit in diesem Raum entstehen kann, wird dieser zugänglich und damit veränderbar. Es bleibt zu fragen, ob Technologie von Kunst hinreichend herausgefordert und hinterfragt wird, oder ob Kunst mittlerweile selbst zu etwas geworden ist, was sich vollends der technologischen Dynamik angepasst hat.

„Having an experience is taking part in the world. Taking part in the world is really about sharing responsibility. So art, in that sense, I think holds an incredible relevance in the world in which we're moving into, particularly right now.“
Olafur Eliasson

„Der Künstler schafft durch seine Arbeit seine Beziehung zur Welt.“
Concha Jerez und Jose Iges

An der Welt teilzunehmen, eigene Erfahrungen zu machen, sich in die Gesellschaft einzubringen heisst, Verantwortung zu übernehmen beziehungsweise diese zu teilen. In diesem Sinn hat gerade Kunst – so der dänisch-isländische Medienkünstler Olafur Eliasson in seinem Verständnis von ‚Teilhabe‘ – eine grosse Relevanz in unserer zunehmend technologisierten Welt, gerade auch im Hinblick auf Entscheidungsprozesse, die für künftige zivilgesellschaftliche Entwicklungen von Bedeutung sind.

So suggeriert uns die alltägliche Verwendung von Kommunikationstechnologien die Möglichkeit zu Mitbestimmung und Teilhabe, de facto wird dabei aber gestaltende Einflussnahme durch Voting ersetzt. Weiters nehmen sie Einfluss auf die Verbindung der/des Einzelnen zu einer grösseren Gruppe bis hin zu – „allen“. Diese virtuelle Verbindung (connection) ersetzt bereits, was einmal Gespräch und Auseinandersetzung war: “We’re substituting connection for conversation.” (Sherry Turkle)

Kunst muss dafür sorgen, dass der Dialog zwischen den Menschen wieder aufgenommen wird, denn Technik degradiert den Dialog zu einem Klick. Wir haben den Dialog, so Turkle, an die Maschinen abgegeben und selbst das Zuhören an ein Stück Software delegiert. Menschen kommunizieren immer weniger face-to-face, sie editieren, löschen und laden Information – von ihren Computern, Ipads und Mobiltelefonen. Diese Geräte verändern nicht nur die Art, wie wir kommunizieren, sondern auch uns selbst. Deshalb wird der tatsächliche Austausch, die physische Präsenz als Ausgleich und Ergänzung zur digitalen Persona enorm wichtig.
Es ist zu fragen, ob Technologie von Kunst hinreichend herausgefordert und hinterfragt wird, oder ob Kunst mittlerweile selbst zu etwas geworden ist, was sich vollends der technologischen Dynamik angepasst hat.

Gegenüber der Verwertungslogik blitzschneller – zeitloser – Informationsübertragung vermag Kunst eine Art von Zeitlichkeit wiederherzustellen, und zwar Zeit als Dauer, eine Form der ästhetischen Unterminierung.
Mit Wiederaneignung von Zeit geht auch die Rückeroberung von Raum einher. Wenn ich Raum wahrnehme, einen sensorischen Eindruck oder eine konkrete Vorstellung von Raum bekomme, wenn ich das Gefühl von Zeit in diesem Raum habe, wird dieser zugänglich und damit veränderbar.

Dies generiert die Möglichkeit von Gemeinschaft, von Kollektivität, von Gesellschaft.
Künstlerische Auseinandersetzung kann sich sowohl der theoretischen Bestimmung des „öffentlichen“ widmen, als auch ganz konkret öffentlichkeit schaffen oder in öffentliche Räume intervenieren, wie zum Beispiel in Debatten zu Demokratie und Transparenz, Mit- und Selbstbestimmung oder Individuum und Kollektiv.

Technologie funktioniert bloss, Kunst aber bezeichnet, schafft Bedeutung, vermittelt zwischen Menschen untereinander und liefert jene Muster, die die Welt der sensorischen Erfahrung mittels kultureller Vorstellungskraft zugänglich machen. Technik schafft – wie Edmund Leach schreibt – „beobachtbare Resultate in einer strikt mechanischen Weise“, während Kunst ihrem Wesen nach kommunikativ ist und in Form symbolischer Codes Information über Konzepte wie beispielsweise Identität oder Gesellschaft zur Verfügung stellt. Damit ergänzt und vervollständigt sie die durchaus notwendigen und sinnvollen Spezialisierungen durch ihren universalistischen Zugang und spielt das ExpertInnenwissen zurück ins alltägliche Leben.

Die künstlerischen Projekte der ESC im LABOR widmen sich Fragen, die sich aus den Wechselwirkungen von künstlerischer Praxis, kulturellen Formationen und technologischen Innovationen ergeben und die aus einer einzelnen fachspezifischen Sicht allein nicht mehr beantwortet werden können.

I share, therefore I am. (Sherry Turkle, Connected but alone? Ted Talks 2012)

Produktion
Die Beziehung zu den Objekten, die wir alltäglich verwenden, sind als die zentralen Dinge zu entschlüsseln, die unser Handeln bestimmen: Arbeitsweisen, Auswahl von Werkzeugen, künstlerische Praxis.
In I share, therefore I am. ergeht an die teilnehmenden KünstlerInnen die Einladung, eines oder mehrere Werkzeuge der eigenen Produktion auszuwählen und mit diesem/rund um dieses Werkzeug eine neue Arbeit zu entwickeln.
Diese Entwicklung geschieht in intensivem Austausch mit einer oder zwei weiteren Personen aus den Bereichen Kunsttheorie, Cultural Theory und/oder Technik.
Das Werkzeug kann Software, ein Tonbandgerät, ein Geigerzähler, ein Smartphone, ... sein.
Diese Produktionsstreffen finden in der ESC statt.

Idee

I share, therefore I am.
Sherry Turkle nimmt in ihrem aktuellen Buch Alone Together. Why We Expect More from Technology and Less from Each Other. 2011 Bezug auf den Wunsch, sich mit etwas oder jemandem zu verbinden, verbunden zu sein, zu kommunizieren, ohne sich auf eine Auseinandersetzung darüber einzulassen.
Die Dinge, derer wir uns zu dieser Verbundenheit bedienen, sind als Zwischenstufe eingeschoben, die für alles eingesetzt werden und die als die zentralen Dinge zu entschlüsseln sind, die unser Handeln bestimmen: Arbeitsweisen, Auswahl von Werkzeugen, künstlerische Praxis.

Insofern ist dies ein Versuch einer Umkehrung von Sherry Turkle's Aussage “I share, therefore I am.” - in der Bedeutung, dass wirkliche Auseinandersetzung durch simples Voting ersetzt wird, wir also eine Art Kommunikation führen, die weder zu Ereignis noch Ergebnis führt - eine Scheinkommunikation. Durch das spezielle Networking der ESC werden VertreterInnen verschiedenster Bereiche miteinander in Kontakt gebracht und eingeladen, in Graz zusammen an Projekten zu arbeiten, und damit der Raum geschaffen, in dem sich Kommunikation ereignet und zu konkreten Ergebnissen führt.
Durch die zunehmende Technologisierung der Kunstproduktion und der damit verbundenen Vielfalt an Techniken haben sich in den einzelnen Kunstsparten Spezialisierungen entwickelt, die den Zugang erschweren und die einiges an übersetzungsleistung vom Publikum verlangen. In den hier geplanten Projekten wird dieser Prozess geöffnet, indem man über Wissensvermittlung und das vertiefende Verständnis über die verwendeten Technologien andere Nutzungsvarianten schafft, die wieder eine Verbindung der zuvor separierten Sparten und eine einfachere Entschlüsselung erlauben.

Eine andere Interpretation dessen, was uns umgibt, also keine “Extremisolierung” (Turkle) angesichts der alles erfüllenden Technologien (der humanoide Roboter, der immer freundlich und immer anwesend ist), sondern die Unberechenbarkeit von entstehenden Strukturen, deren Wirkungsweise noch nicht fixiert ist.

Nun werden KünstlerInnen, WissenschafterInnen und TechnikerInnen, teilweise in 2er-Teams Projekte entwickeln. Den Abschluss bilden Installationen, Performances, Konzerte und Gespräche über die entstandenen Arbeiten.

Els van Riel, Pei-Wen Liu, Tobias Hoffmann, Marloes de Falk, Diane Ludin, Enrique Tomas, Astrid Mager, Donna Metzlar, Femke Snelting, Christina Clar.

Kooperationen/Koproduktionen: 

Koproduktion mit dem steirischen herbst, Kooperation mit dem musikprotokoll 2013 Gefördert von: Kulturamt der Stadt Graz, Kulturreferat des Landes Steiermark, BMUKK Dank an: Musikhaus Hammer, scherrer audio, Marian Weger